«Die Coronakrise war nicht voraussehbar, aber dass die Digitalisierung eine wichtige Realität in der Lehre sein werde sehr wohl.»
Universitätsleitung
Die Pandemie unterbrach 2020 zwar den Präsenzunterricht, aber für die mehr als 19 000 nun «unsichtbaren» Studierenden ging das Studium dennoch weiter – dank den Massnahmen für eine gute und zeitgemässe Hochschullehre der letzten Jahre und dem enormen Einsatz aller Beteiligten.
Von Prof. Dr. Bruno Moretti, Vizerektor Lehre
Seit dem Herbstsemester 2020 sind insgesamt 19 230 Studierende an der Universität Bern immatrikuliert – über 650 mehr als ein Jahr zuvor. Wenn man sich aber in vielen Monaten des Jahrs 2020 in den Universitätsgebäuden bewegte, sah man kaum Studierende. Die Lehre hat im Fernmodus weiterfunktioniert (d. h. die Studierenden waren für die Dozierenden sehr gut «sichtbar», und umgekehrt) und neue Wege des Lehrens, des Lernens und auch des Prüfens kamen zum Einsatz.
Die Massnahmen der vergangenen Jahre für eine gute und zeitgemässe Lehre haben dazu beigetragen, dass die Universität Bern im März innerhalb von drei Tagen den ganzen Unterricht auf Fernlösungen umstellen konnte. Auf der einen Seite konnte man auf eine gute Infrastruktur zurückgreifen, etwa in den Hörsälen, die bereits für die automatische Aufnahme von Podcasts ausgestattet waren, oder auf die Lernmanagementplattform ILIAS (mit den dafür zuständigen Mitarbeitenden, die sehr viele Überstunden geleistet haben). Dort wo es nötig war, wurden zudem in Zusammenarbeit mit den Informatikdiensten schnell zusätzliche Instrumente angeschafft. Auf der anderen Seite konnten wir auf die guten Entwicklungen und Erfahrungen zählen, die in den letzten Jahren beispielsweise dank dem Fonds «Förderung Innovative Lehre» (FIL) gemacht wurden. Die Coronakrise war nicht voraussehbar, aber dass die Digitalisierung eine wichtige Realität in der Lehre sein werde sehr wohl. So haben sich schon vor Corona mehr als zwei Drittel der FIL-Projekte mit digitalen Lösungen befasst. Die Abteilung für Hochschuldidaktik und Lehrentwicklung hat mit ihren Beratungsangeboten viele Dozierende unterstützt. Einen wichtigen Beitrag leisten konnten zudem die eCoaches: Studierende, die ausgebildet wurden, um die Dozierenden beim Einsatz der digitalen Technologien ab Herbst 2019 zu unterstützen.
«Rund 3500 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten haben Anfang Dezember am digitalen Bachelorinformationstag teilgenommen. Bei einem virtuellen 360-Grad-Rundgang durch die Uni-Räumlichkeiten konnten sie rund 40 Bachelorstudiengänge kennenlernen, live mit Studierenden sowie Professorinnen und Professoren chatten und dabei Informationen rund ums Studium sammeln.»
Auch das Thema unseres achten Tags der Lehre im Februar 2020 tönt im Nachhinein fast wie eine Prognose: «Selbststudium in Zeiten der Digitalisierung». Und das Thema des virtuell durchgeführten neunten Tags der Lehre vom Februar 2021 konnte nicht anders lauten als: «Digitalisiert lernen und lehren – was bewährt sich wirklich?». Im letztjährigen Jahresbericht konnte man bezugnehmend auf die Digitalisierungsstrategie in der Lehre Folgendes lesen: «Die Universität Bern will und wird keine Fernuniversität werden. Sie bleibt eine Präsenzuniversität, die das Beste aus neuen Technologien für die ständige Verbesserung der Lehre herausholt.» Diese Aussage bleibt gültig, sie nimmt aber jetzt einen neuen Wert an. Es geht heutzutage nicht mehr um ein Experimentieren mit den digitalen Möglichkeiten, sondern darum, die Erfahrungen der Zwangsdigitalisierung zu nutzen, die Corona uns gebracht hat: Das Ziel ist die bestmögliche Kombination von Fern- und Präsenzunterricht für die effizienteste und interessanteste Lehre für Studierende und Dozierende.
Auch Grossveranstaltungen wurden 2020 mit digitalen Lösungen durchgeführt, wie die Infotage für Erstsemestrige im September (organisiert zusammen mit dem Generalsekretariat) oder die Bachelorinfotage für Studieninteressierte Anfang Dezember (organisiert durch die Abteilung Kommunikation & Marketing). Die Rückmeldungen von vielen Teilnehmenden bestätigten, dass es der Universität Bern dabei gelungen ist, innovative, ansprechende Formen zu schaffen.
Auf der anderen Seite verunmöglichte der enorme Personalaufwand bei der Aufrechterhaltung der Lehre andere Aktivitäten, wie im Frühling die neue Ausschreibung für innovative Lehrprojekte oder eine der Durchführungen unseres Schnellkurses für Dozierende «Tipps und Tools für gute Lehre». Ein Projekt musste trotz der besonderen Situation unbedingt weitergeführt werden: die Revision der Lehrveranstaltungsevaluation und die Einführung der Leistungskontrollen-Evaluation. Im Herbstsemester 2020 wurde die neue Modalität bei den meisten Fakultäten angewendet. Auch das Projekt der Online-Self-Assessments für Studieninteressierte wurde mit der Erweiterung auf das Fach Biologie weitergeführt. Zum ersten und zweiten Mal wurden zudem die fakultativen Programmierkurse für alle Studierenden durchgeführt. Angemeldet hatten sich im Frühjahr mehr als 400 und im Herbstsemester mehr als 500 Studierende. Nicht alle blieben bis zum Schluss der virtuell durchgeführten Veranstaltungen dabei, aber die Anmeldezahlen bezeugen das grosse Interesse für das Thema.
Im Jahr 2020 haben viele Personen an der Universität Bern einen enormen Einsatz gezeigt, damit die Lehre gut weiterfunktionieren konnte. Ein grosses Dankeschön an alle Beteiligten: Dozierende, Studierende und Mitarbeitende.