Es war ein Anlass unter speziellen Vorzeichen: Adrian Vatter, Ordinarius für Politikwissenschaft, hatte die Bundesrätin Karin Keller-Sutter in seine Vorlesung «Politisches System der Schweiz I» eingeladen. «Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es alles andere als selbstverständlich, dass ein Mitglied des Bundesrates eine Universität besucht», sagte Vatter. Die zweite Pandemiewelle liess die physische Anwesenheit der Studierenden allerdings nicht zu und die Vorlesung musste virtuell aus dem Hörsaal der Universität übertragen werden.
Coronakrise heizt Föderalismusdebatte an
In ihrem Referat zeigte sich, dass Karin Keller-Sutter in ihrem Verständnis von Föderalismus und der schweizerischen direkten Demokratie trotz Coronakrise unbeirrt ist. «Diese Institutionen sind auch in schwierigen Zeiten die Grundpfeiler des politischen Systems der Schweiz», erklärte sie. So stehe die Regierung auch in einer Ausnahmesituation wie der jetzigen mit den Kantonen und weiteren Akteuren in regem Austausch.
Keller-Sutter sprach darüber, wie unter Notrechtsbedingungen die Regierung in der ersten Pandemiewelle Verantwortung übernehmen und weitreichende Entscheidungen treffen musste, welche erst nachträglich vom Parlament genehmigt werden konnten. Die Regierungsvertreterin betonte: «Für mich als Justizministerin war die Wiederaufnahme des Parlamentsbetriebes ein erleichternder Moment.» Die Coronakrise heizte die Debatte um den Föderalismus nichtsdestotrotz stark und nachhaltig an. Es bestehe ein «Flickenteppich» aus Massnahmen, man reagiere zu langsam, zu träge und/oder zu wenig entschlossen, lassen sich die kritischen Stimmen zusammenfassen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter verteidigte den Föderalismus entschieden: «Reformen sind zwar wichtig und müssen diskutiert werden. Ein Auslaufmodell ist das föderale System aber nicht, vielmehr ist es nach wie vor ein zentraler Faktor für den Erfolg des Schweizer Modells.»