Video Preview Picture
Seltene Exoplaneten-Entdeckung

Materie und Universum

Zwei Planeten um einen Roten Zwerg

Am «SAINT-EX»-Observatorium, das von Forschenden des Nationalen Forschungsschwerpunktes NFS PlanetS der Universität Bern und der Universität Genf geleitet wird, wurden 2020 zwei Exoplaneten entdeckt, die den Stern TOI-1266 umkreisen. Das in Mexiko stationierte Teleskop beweist damit seine hohe Präzision und ermöglicht einen wichtigen Schritt auf der Suche nach potenziell bewohnbaren Welten.

 

Rote Zwerge sind die kühlsten Sterne des Universums. Auf Planeten in ihrer Nähe ist – anders als bei der Sonne ­– die Existenz von flüssigem Wasser potenziell möglich. Bei der Suche nach bewohnbaren Welten jenseits der Grenzen unseres Sonnensystems ist dies ein grosser Vorteil: Denn die Entfernung zwischen einem Exoplaneten und seinem Stern ist ein entscheidender Faktor für seine Entdeckung. Je näher die beiden sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Astronominnen und Astronomen den Planeten von der Erde aus ausfindig machen können.

«Die Roten Zwerge sind ziemlich klein und strahlen im Vergleich zu den meisten anderen Sternen, wie etwa der Sonne, wenig Licht aus», erklärt Brice-Olivier Demory, Hauptautor der Studie, die im Oktober 2020 publiziert wurde, und Professor für Astrophysik an der Universität Bern. Diese Faktoren machen es wiederum schwierig, sie im Detail zu beobachten. Ohne die richtigen Instrumente würden potenzielle Planeten, die sie umkreisen, womöglich übersehen werden – insbesondere erdähnliche Planeten, die vergleichsweise klein sind.

Wussten Sie, dass?

«1995 entdeckten die beiden Schweizer Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz von der Universität Genf den ersten Exoplaneten, der um einen sonnenähnlichen Stern kreist. Für diese bahnbrechende Leistung wurden die beiden 2019 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet, und ein regelrechtes Jagdfieber nach Exoplaneten – also Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems – setzte ein. Entdeckt wurden bislang rund 4’400 solcher Exoplaneten.»

Ein spezielles Teleskop

Ein Instrument, mit dem Rote Zwerge und ihre Planeten genauer studiert werden können, ist das in Mexiko stationierte SAINT-EX-Teleskop, das der NFS PlanetS mitbetreibt (siehe Infoboxen). SAINT-EX ist eine Abkürzung, die für Search And characterIsatioN of Transiting EXoplanets steht. Das Projekt wurde zu Ehren von Antoine de Saint-Exupéry (Saint-Ex) benannt, dem berühmten Schriftsteller, Dichter und Flieger.

Das SAINT-EX-Observatorium ist eine vollständig robotergestützte Einrichtung mit einem 1-Meter-Teleskop. Es ist mit Sensoren ausgestattet, welche die hochpräzise Detektion von kleinen Planeten um kühle Sterne ermöglichen. Diese Spezialisierung zahlt sich nun aus: Anfang 2020 konnte das Teleskop zwei Exoplaneten entdecken, die den Stern TOI-1266 umkreisen, der etwa 120 Lichtjahre von der Erde entfernt ist.

Ein merkwürdiges Paar

Die Studie vermittelt einen ersten Eindruck der Eigenschaften der beiden Exoplaneten. Im Vergleich zu den Planeten in unserem Sonnensystem befinden sich TOI-1266 b und c viel näher an ihrem Stern – sie benötigen 11 respektive 19 Tage, um ihn zu umkreisen. Da dieser Stern jedoch viel kühler ist als die Sonne, sind ihre Temperaturen nicht sehr extrem: der äussere Planet hat etwa die Temperatur der Venus (obwohl er sieben Mal näher an seinem Stern ist als die Venus an der Sonne). Die beiden Planeten sind von ähnlicher Dichte, die mit folgender Zusammensetzung korrespondieren könnte: eine Hälfte Gesteinsmaterial und Eisen, die andere Hälfte Wasser. Damit sind sie etwa halb so felsig wie die Erde oder die Venus, aber gleichzeitig weit felsiger als Uranus oder Neptun.

In ihrer Grösse unterscheiden sich die Planeten deutlich voneinander. Der innere Planet, TOI-1266 b, misst etwas weniger als das Zweieinhalbfache des Erddurchmessers. Damit fällt er in die Kategorie der sogenannten Sub-Neptune. Der äussere Planet, TOI-1266 c, ist etwas mehr als eineinhalbmal so gross wie unser Planet und zählt deshalb zu den sogenannten Super-Erden.

«Die Möglichkeit, zwei verschiedene Arten von Planeten im selben System zu untersuchen, ist eine grosse Chance. Sie könnte uns helfen, besser zu verstehen, wie diese Planeten mit ihren unterschiedlichen Grössen entstehen», so Brice-Olivier Demory.

SAINT-EX – Suche und Charakterisierung von Exoplaneten

SAINT-EX (Search and characterisation of exoplanets) ist eine internationale Zusammenarbeit, die im September 2016 in Mexiko startete. Leiter des Projekts ist Prof. Brice-Olivier Demory vom Center for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern und des NFS PlanetS (siehe unten). Koordinatorin und Leiterin des Projekts in Mexiko ist Dr. Yilen Gomez Maqueo Chew vom Instituto de Astronomía der Universidad Nacional Autonoma de Mexico (UNAM). Ebenfalls am Projekt beteiligt sind Prof. Willy Benz vom NFS PlanetS, Prof. François Bouchy von der Universität Genf, Dr. Michaël Gillon von der Universität Lüttich in Belgien, Prof. Kevin Heng von der Universität Bern, Prof. Didier Queloz von der Universität Genf und Cambridge und Dr. Laurence Sabin, ebenfalls vom Instituto de Astronomía de Astronomía der UNAM.

SAINT-EX wurde vom Schweizerischen Nationalfonds und den Universitäten Bern, Genf, Lüttich und Cambridge sowie der UNAM finanziert. Zudem hat SAINT-EX Unterstützung erhalten vom Nationalen Rat für Wissenschaft und Technologie (CONACYT) durch die Ausschreibung der Nationalen Laboratorien für das Nationale Astronomische Observatorium von San Pedro Martir.

Projekt-Website der Universität Bern: https://www.saintex.unibe.ch/

NFS PlanetS: Planetenforschung made in Switzerland

Der Schweizerische Nationalfonds sprach 2014 der Universität Bern den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie seither gemeinsam mit der Universität Genf leitet. Seit der Beteiligung an der ersten Mondlandung 1969 nimmt die Universität Bern an Weltraummissionen von Organisationen wie NASA, ESA, ROSCOSMOS oder JAXA teil. Sie hat momentan gemeinsam mit der Universität Genf die Leitung der CHEOPS-Mission der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) inne. Zudem sind die Berner Forschenden an der Weltspitze mit dabei, wenn es etwa um Modelle und Simulationen zur Entstehung und Entwicklung von Planeten geht.

Mit der Entdeckung des ersten Exoplaneten positionierte sich die Universität Genf als eine der führenden Institutionen auf dem Gebiet. Das führte beispielsweise 2003 zum Bau und der Installation des Spektrographen HARPS auf dem 3,6m-Teleskop der ESO in La Silla unter Genfer Leitung. Darauf folgte das ESPRESSO-Instrument auf dem ESO-Teleskop VLT in Paranal. Ebenfalls in Genf befindet sich das «Science Operation Center» der CHEOPS-Mission.

Partnerinstitutionen im NFS PlanetS sind auch die ETH Zürich und die Universität Zürich. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Astrophysik, Datenverarbeitung und Erdwissenschaften leiten Projekte und leisten wichtige Beiträge zur Forschung im Rahmen des NFS PlanetS. Zudem ist die ETH an der Instrumentierung für diverse Observatorien und Weltraummissionen weltweit führend beteiligt.

Der NFS PlanetS ist in die folgenden Forschungsbereiche gegliedert:

  • Frühe Stadien der Planetenentstehung
  • Architektur von Planetensystemen, ihre Entstehung und Entwicklung
  • Atmosphären, Oberflächen und das Innere von Planeten
  • Bestimmung der Bewohnbarkeit von Planeten.
     

Mehr Informationen: http://nccr-planets.ch/de/

Übersicht